Rubrik: Sonstiges

Meldung von: Ute Niehoff, LFP Redaktion
Rubrik: Sonstiges

Spuren der Geschichte sichtbar gemacht

Die Archäologen machten die Spuren der Geschichte sichtbar: Schicht für Schicht wurden die Funde im ehemaligen Klosterhof freigelegt, gesichert und dokumentiert. Foto: Stadtarchäologie Münster.

Spuren der Geschichte sichtbar gemacht

Münster - Mehr als 150 maßstäbliche Handzeichnungen und mehrere tausend Fotos dokumentieren die archäologischen Untersuchungen der städtischen Denkmalbehörde zum Bauprojekt "Clemensbögen" an der Klosterstraße. Sie legen nun dauerhaft Zeugnis ab, von der Geschichte des 1458 gegründeten und im Zweiten Weltkrieg zerstörten Klosters Niesing und bringen außerdem Licht in ein bisher kaum erforschtes Stadtquartier.

"Fest steht, dass wir nach den Ausgrabungen die bisherige Annahme, dass Areal sei im 13. Jahrhundert erstmals besiedelt worden, revidieren müssen", berichtet Dr. Aurelia Dickers vom Amt für Stadtentwicklung, Stadtplanung, Verkehrsplanung. "Einige Funde, wie zum Beispiel Fragmente von Pingsdorfer Keramik, deuten darauf hin, dass dort bereits im 10./11. Jahrhundert eine lockere Siedlung entstand, wahrscheinlich im Zusammenhang mit handwerklicher Arbeit."

Die Archäologen entdeckten einen Erdkeller, der für die Lagerung von Lebensmitteln genutzt wurde, und ein kleines Fachwerkgebäude aus Holz und Lehm aus dem 13. und 14. Jahrhundert. Im Umfeld sicherten sie Handwerkszeug aus der Textilherstellung und aus dem metallverarbeitenden Gewerbe. Ein Brunnen und ein Bruchsteinfundament, die möglicherweise im Zusammenhang mit der Familie von Mehrveldt stehen, gehören in das ausklingende 14. bzw. frühe 15. Jahrhundert. Die Adelsfamilie überließ das Gelände 1449 den barmherzigen Schwestern für die Gründung eines Klosters.

Das Fundmaterial aus der Klosterzeit besteht vor allem aus Gebrauchsgegenständen des späten Mittelalters und der Neuzeit: Importiertes Tafelgeschirr aus dem Rheinland steht neben einheimischen Waren. Kleine Nadeln aus Kupfer, Münzen, Porzellan, Gläser, Salbtöpfchen und Apothekerfläschchen, Schlachtabfälle und Küchenreste sowie ein Depotfund mit über 160 Kruzifixen aus Silber und Ebenholz sind Zeugen des klösterlichen Lebens.

Von 1803 bis 1903 nutzte das preußische Militär das Kloster als Depot. Die archäologischen Hinterlassenschaften aus dieser Zeit sind äußerst spärlich. Lediglich einige Patronenhülsen wurden bei den Ausgrabungen unter dem jüngsten Estrich des Westflügels gefunden.

1903 übernahmen die Clemensschwestern das Kloster. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude durch Bomben fast komplett zerstört. Teile des Westflügels, die die Archäologen noch freilegen konnten, vermitteln einen Eindruck vom Ausmaß der Schäden. Als die Clemensschwestern 1954 ihr neues Mutterhaus bauten, wurde die alte Klosterkirche fast vollständig abgetragen.

Zum Hintergrund:

Anlass für die archäologischen Grabungen an der Klosterstraße war das Bauvorhaben "Clemensbögen" des münsterschen Unternehmens "CM Immobilien-Entwicklung GmbH". Münsters Stadtarchäologie begleitete das Projekt von April 2016 bis April 2017. Auf einer Fläche von rund 1200 Quadratmetern sicherte das Team um Dr. Aurelia Dickers mehrere tausend Fundstücke. "Archäologie und Bauarbeiten ließen sich sehr gut vereinbaren", freut sich Münsters Stadtarchäologin über die gute Zusammenarbeit mit dem Bauherrn. "Wichtig sind ein umfassender Austausch im Vorfeld und eine enge Kommunikation während der Bauarbeiten." Archäologische Funde sind - gerade wenn es um die frühen Zeiten geht, für die es keine schriftliche Überlieferung gibt - oftmals die einzigen Zeugen der Vergangenheit.