Rubrik: Sonstiges

Meldung von: Ute Niehoff, LFP Redaktion
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Jubiläum 1250 Jahre Westfalen

Dr. Georg Lunemann, der Direktor des LWL, bei der LWL-Landschaftsversammlung am Donnerstag (16.5) in Münster. Foto: LWL/Nikolaus Urban

Jubiläum 1250 Jahre Westfalen

Münster/Westfalen (lwl). Dass es Westfalen seit 1250 Jahren gibt, will der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) 2025 mit einer großen Sonderausstellung in Paderborn und mit einem westfalenweiten Kulturprogramm feiern. Das hatten die LWL-Abgeordneten vor einem Jahr beschlossen. Dr. Georg Lunemann, der Direktor des LWL, erinnerte mitte Mai in der Landschaftsversammlung in Münster daran, dass man mit dem Jubiläum "einen deutlichen Akzent zur Reflexion über Geschichte und Gegenwart der Region" setzen wolle. Das Interesse sei bereits groß: "Noch nie hatten wir so viele Förderanträge für Jubiläumsprojekte aus ganz Westfalen.“

Lunemann weiter: "Es soll im Jubiläumsjahr auch um die Menschen und die Eigenschaften gehen, die ihnen zugeschrieben werden." Das Wissen über die gemeinsame Vergangenheit und die gewachsenen Strukturen in der Region solle dazu beitragen, aktuelle Fragen nach Identität, Heimat und Zukunft zu diskutieren. Denn, so Lunemann: "Westfalens Geschichte ist eine Wundertüte, und aus der Wundertüte gucken oben die Impulse für unsere Gegenwart und Zukunft raus.“

Ausstellung: "Wanderwege durch Westfalens Geschichte"
Die Ausstellung im LWL-Museum in der Kaiserpfalz in Paderborn werde ab Mai 2025 den zentralen Ort Westfalens in der Karolingerzeit als Ausgangspunkt nehmen, um die Eigen- und Fremdwahrnehmung der Region in verschiedenen Epochen in den Mittelpunkt zu stellen, so der Chefarchäologe des LWL, Prof. Dr. Michael Rind, vor den Abgeordneten. Die "Ankerausstellung" spanne mit Exponaten aus ganz Westfalen und darüber hinaus den Bogen von der ersten Nennung Westfalens während der Sachsenkriege Karls des Großen bis zur Neuordnung Europas beim Wiener Kongress 1815. Rind: "Wir werden in unserer Ausstellung quasi über Wanderwege durch Westfalens Geschichte führen." Am Ende der Ausstellung befasse sich ein Epilog mit der Zukunft der Region.

"Vielfalt Westfalens außergewöhnlich"
Der Leiter des LWL-Instituts für westfälische Regionalgeschichte, Prof. Dr. Malte Thießen, stellte die Vielseitigkeit Westfalens in den Mittelpunkt seines Vortrags: "Wenn ein Hamburger 'Import-Westfale' wie ich die Geschichte betrachtet, ist die Vielfalt Westfalens wirklich außergewöhnlich." Die Chancen und Schwierigkeiten moderner Gesellschaften seien nirgendwo so gut sichtbar wie hier.

Der Historiker machte seine These an Beispielen fest. So spiele das Verhältnis zwischen Mensch und Umwelt in Westfalen seit dem 18. Jahrhundert eine Rolle, als Holz ein wichtiger Rohstoff wurde. Noch deutlicher wurde das Spannungsfeld laut Thießen während der Industrialisierung mit ihrem "unbändigen Fortschritts-Optimismus" aber auch mit ihren Zukunftsängsten. Der Strukturwandel in Westfalen habe schon früh auch positive Lerneffekte gehabt.

Ein weiteres Spannungsfeld sei die Vielfalt der Regionen und damit der Gegensatz von Stadt und Land. Was heute der Streit um Glasfasertrassen und Mobilfunknetze sei, war im 19.  Jahrhundert das Ringen um den Eisenbahn-Anschluss für den eigenen Ort - der Kampf um Infrastruktur und "gleichwertige Lebensverhältnisse" in der Stadt und auf dem Land. Thießen: "Die vielseitige Landschaft galt immer als Mahnung, dass eine Gesellschaft fairer funktioniert, wenn man für 'Flächengerechtigkeit' sorgt.“

Die Frage nach einer "westfälischen Identität" wurde im 20. Jahrhundert vor allem mit Pragmatismus beantwortet. Das würde man in Westfalen vielleicht nicht vermuten, so Thießen weiter. "Doch tatsächlich können wir hier eine früh gelebte Diversität beobachten." Dass die deutschlandweit erste Schwulendemo durch Münster ging und eines der ersten deutschen Frauenhäuser in Warendorf stand, seien keine Zufälle gewesen, sondern die "beeindruckende Vielfalt neben der beeindruckenden Tradition“.

Hintergrund
Die Westfalen als Stammesgruppe wurden zum ersten Mal im Jahr 775 in den fränkischen Reichsannalen erwähnt, den Jahrbüchern am Hof Karls des Großen. Bis ins Hochmittelalter galten sie als die Sachsen, die im Westen siedelten. Nicht die heutige Region, aber die Kerngebiete gehörten dann im 12. Jahrhundert dem Erzbischof von Köln als dem Herzog von Westfalen und wurden im 19. Jahrhundert zur preußischen Provinz Westfalen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wird Westfalen-Lippe einer der beiden Landesteile von Nordrhein-Westfalen.