Rubrik: Kunst, Kultur & Musik

Meldung von: Ute Niehoff, LFP Redaktion
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Überlebenskünstler Mensch - Die neue Sonderausstellung im LWL-Museum für Naturkunde

Im mittleren Teil der Ausstellung geht es um die kulturelle Evolution. Die Museumsgäste können einer Schamanin beim Geschichtenerzählen zusehen und in einem Setzkasten verschiedene Erfindungen des Menschen entdecken. Foto: LWL/Steinweg

Überlebenskünstler Mensch - Die neue Sonderausstellung im LWL-Museum für Naturkunde

Münster - In seiner 300.000-jährigen Geschichte hat der moderne Mensch eines bewiesen:
Er ist ein Überlebenskünstler. Das stellen Menschen immer wieder durch Erfindungsreichtum unter Beweis. Diesem Thema widmet sich die neue Sonderausstellung "Überlebenskünstler Mensch" im LWL-Museum für Naturkunde in Münster und sucht nach Antworten auf Fragen rund um die Spezies Mensch.

Im Museum des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) lernen Besucher in der deutschlandweit umfassendsten Darstellung zu diesem Thema den Menschen in all seinen Facetten kennen. Dabei spannen die drei Ausstellungsmacherinnen Lisa Klepfer, Dr. Ramona Dölling und Dr. Hanna Rüschhoff einen Bogen von den Anfängen des Homo sapiens als Jäger und Sammlerin bis hin zur möglichen Besiedlung des Mars durch die Menschheit.

"KIimawandel - größte Herausforderung für Überlebenskünstler Mensch"
"Von den ersten Faustkeilen über die Erfindung des Computertomographen bis zu Pflanzen-Experimenten auf dem Mars scheint es ein weiter Weg zu sein - eine lange Kette von Erfindungen, die das Leben erleichtern oder sogar retten ", so LWL-Direktor Matthias Löb. "Doch es wäre naiv, die Entwicklung des Menschen nur als eine Perlenkette schillernder Verbesserungen zu skizzieren. Es ging immer auch um Anderes: um die Ausbreitung des Menschen auf der ganzen Welt, um effizientere Methoden des Tötens und um die industrielle Ausbeutung der Natur zum Beispiel - mit weitreichendenden Folgen für Artenvielfalt und Klima. Dieser Mehrdeutigkeit von Innovationen können unsere Gäste beim Gang durch die Menschheitsgeschichte nachspüren, wenn sie auf 1.200 Quadratmetern Ausstellungsfläche an über 1.000 Exponaten vorbeigehen", erklärt Löb weiter. "Dabei wird klar: Der Klimawandel ist für den Überlebenskünstler Mensch die bisher größte Herausforderung."

"Der Besuch der Sonderausstellung "Überlebenskünstler Mensch" verspricht spannende und unerwartete Eindrücke. Über die facettenreiche Umsetzung der Inhalte werden generationsübergreifend und inklusionsgerecht alle Zielgruppen erreicht", betont Dieter Gebhard, Vorsitzender der LWL-Landschaftsversammlung.
"Getrieben von der biologischen Evolution, ist der Mensch als kulturelles Wesen auch gebunden an Kultur, Sozialisation und Gesellschaft.

Dass wir uns gemeinsam an Einschränkungen und Hygienevorschriften in Zeiten einer Pandemie halten können, ist ebenfalls ein Ergebnis dieser Evolution", führt Gebhard weiter aus.

Vielfältige Themen für eine vielfältige Spezies
"Der Mensch als Säugetier ist nicht nur Teil der Natur, er beeinflusst seit langem seine eigenen Lebensräume wie keine andere Art. Grund genug, dem Menschen eine eigene Ausstellung im Naturkundemuseum zu widmen", so Dr. Jan Ole Kriegs, Direktor des LWL-Museums für Naturkunde.

Kriegs: "Die Ausstellung wird getragen durch vier Leitfragen. Was macht uns aus? Wo kommen wir her? Wie haben wir uns ausgebreitet? Wohin gehen wir? Um diese Fragen zu beantworten, beleuchten wir die Kerneigenschaften des Menschen, wie die Sprache oder Spiritualität. Wir stellen verschiedenste Lebensräume vor, in denen wir vorkommen und fragen nach der Zukunft unseres Planeten."

Viele Originalobjekte in der Ausstellung dienen als Zeugen dieser Entwicklung, wie zum Beispiel ein Original-Kompass, den der berühmte Polarforscher Robert Falcon Scott auf seiner Antarktis-Expedition eingesetzt hat. Der Kompass ist das Symbol für Entdeckergeist und Aufbruch in unbekannte Welten.
Zu den Höhepunkten der Ausstellung gehört eine geologische Probe, die der Forscher Alexander von Humboldt von seinen Expeditionen mitgebracht hat. Und die älteste Schrift der Menschheit wird gezeigt: eine Schrifttafel aus dem mesopotamischen Uruk.

Es geht auch um die Herkunft des Menschen und um seine Verwandtschaft im Stammbaum der Primaten. So thematisiert die Ausstellung die Forschung in vergleichender Anatomie, die bereits der Gründer des LWL-Museums, Prof. Hermann Landois, betrieben hat. Er stand seinerzeit mit dem berühmten Evolutionsbiologen Charles Darwin in regem Austausch. In einer der 13 Inszenierungen ist deshalb das Arbeitszimmer Landois' mit Skeletten von Mensch und Gorilla zu sehen, die schon der Professor zu Lehrzwecken eingesetzt hat.

Versuch und Irrtum der Menschwerdung
"Im Laufe der Evolution des Menschen lebten verschiedene Arten von Menschen auf der Erde. Einige existierten sogar zeitgleich. Bis auf Homo sapiens, dem modernen Menschen, sind alle anderen jedoch ausgestorben", so Lisa Klepfer, die Kuratorin im LWL-Museum für Naturkunde. Die Verwandtschaft der einzelnen Arten sei bis heute nicht abschließend geklärt, denn jeder neue archäologische Fund bringe neue Erkenntnisse mit sich.

Das Thema der menschlichen Evolution wird in der Ausstellung durch die Präsentation von sieben Köpfen nähergebracht. Die ausdrucksstarken, individuellen Gesichter der Büsten sind handwerklich anspruchsvolle Unikate und folgen den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen. Klepfer: "Die Köpfe haben wir von den Künstlern Adrie und Alfons Kennis als Leihgabe erhalten. Durch sie werden unsere ausgestorbenen Vorgänger auf einmal begreifbar und erscheinen uns wirklich und nah."

Vom Kanu aus die Welt entdecken
Sechs große Inszenierungen verdeutlichen in einem Ausstellungssaal die Ausbreitung der Menschheit in jeden Winkel der Erde und darüber hinaus: in die Wüste, den Weltraum, die Südsee, die Arktis und Antarktis, die Tiefsee und in den Regenwald. Ausstellungsmacherin Dr. Hanna Rüschoff: "Es gibt kaum einen Lebensraum, in den der Mensch noch nicht vorgedrungen ist - oft mit auf den ersten Blick eher unscheinbaren Hilfsmitteln." Ein Beispiel dafür ist ein rund 1,60 Meter mal ein Meter großer Nachbau eines Auslegerkanus von den Marshallinseln. Das Kanu mit seinem daran befestigten Schwimmer steht für die beeindruckenden Segelkünste der Seefahrerkulturen der Südsee. "Es ist kein großes Schiff wie das von Columbus, sondern ein kleines Boot, den Gewalten des Meeres trotzend, von Menschen gesteuert, die unter Einsatz ihres Lebens aufbrachen, um neue Lebensräume zu finden. Es zeugt vom Entdeckerdrang der Menschen", erklärt die Biologin.

Virtual Reality erstmals im Museum
Erstmals werden im LWL-Museum Virtual-Reality-Brillen in eine Ausstellung integriert. "Die virtuelle Welt eröffnet uns Möglichkeiten, von denen wir noch vor 20 Jahren nicht zu träumen gewagt hätten", sagt Ausstellungsmacherin Dr. Ramona Dölling. "Mit der VR-Brille versetzen wir unsere Gäste auf den Mars, wo sie die Landschaft erkunden und eine Marskolonie entdecken können", führt Dölling aus. "So kommen die Zukunftsvision der Raumfahrt und die mögliche Ausbreitung der Menschheit auf einen anderen Planeten in greifbare Nähe. Es macht deutlich, wie ungemütlich es auf anderen Planeten ist." Der Einsatz von VR-Brillen soll durch gründliche Desinfektion der Geräte nach jedem Gebrauch auch zu Corona-Zeiten ermöglicht werden.

Künstler und Künstlerinnen am Werk
Seit 2003 arbeitet das LWL-Museum mit der Fachhochschule Münster zusammen. 17 Studierende vom Fachbereich Design zeigen in der Ausstellung erstmals ihre Werke der Öffentlichkeit. Unter der Leitung von Professorin Cordula Hesselbarth fertigten die jungen Kreativen zwölf Arbeiten zu den unterschiedlichen Themen der Ausstellung an. Schöpfungs- und Jenseitsmythen aus aller Welt, das Wettrennen zum Südpol zwischen Roald Amundsen und Robert Falcon Scott oder die Entwicklung der Schrift sind einige davon.

Hintergrund zur Ausstellung
Das Museum des LWL in Münster zeigt vom 21.8.2020 bis zum 26.9.2021 die Sonderausstellung "Überlebenskünstler Mensch".
Die Ausstellung ist für alle Menschen geeignet. Sie beinhaltet: Brailleschrift, einen speziellen, mehrsprachigen Audioguide (D, EN, NL sowie Audiodeskription in D) sowie Tastmodelle für Menschen mit Sehbehinderung, Mitmachstationen und untertitelte Filme.
Bedingt durch Hygienemaßnahmen gegen die Covid19-Pandemie wird es im laufenden Betrieb derzeit noch Einschränkungen an Tast-Objekten geben. Blinde und sehbehinderte Menschen sollten sich bei der Museumsinformation am Eingang melden, damit ihnen die volle Ausstellungserfahrung dennoch möglich gemacht werden kann.
Alle Ausstellungsbereiche sind für gehbehinderte Menschen und Familien mit Kinderwagen zugänglich.
Begleitend zur Ausstellung werden museumspädagogische Programme für Schüler und Schülerinnen, Kinder und Jugendliche sowie Führungen für Erwachsene, Werkstattnachmittage und Literarische Rundgänge angeboten.
Ein Begleitbuch vertieft die Inhalte der Ausstellung und ist im Shop erhältlich.

Das YouTube-Video zur Ausstellung finden Sie hier: https://youtu.be/ztRMXTuAQEU

Möglich ist die Ausstellung durch Kooperationen mit Museumspartnern, wie der LWL- Kulturstiftung und der Sparda-Stiftung Münster, die die Ausstellung finanziell unterstützen.

Ausstellungsdauer Überlebenskünstler Mensch:
21.08.2020 - 26.09.2021
http://www.ueberlebenskuenstler-mensch.lwl.org

Begleitbuch:
Dölling, Ramona und Rüschoff, Hanna (2020): Überlebenskünstler Mensch. LWL-Museum für Naturkunde. ISBN 978-3-940726-68-1, 116 Seiten, Preis: 14,80 Euro.

LWL-Museum für Naturkunde
Westfälisches Landesmuseum mit Planetarium
Sentruper Str. 285
48161 Münster
Telefon: 0251 591 05
Geöffnet: dienstags bis sonntags von 9-18 Uhr
Eintritt: 7,50 Euro Erwachsene, Minderjährige unter 18 Jahre haben freien Eintritt