Wetter Kreis Coesfeld

 
Stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu, um die Wettervorhersage nutzen zu können.

Kreis Coesfeld (NRW)

Fläche: 1.110 km² / Bevölkerung: 219.784
Webpräsenz:

Stadt Coesfeld:
Stadt Dülmen:
Stadt Billerbeck:
Stadt Lüdinghausen:
Gemeinde Nottuln:
Gemeinde Rosendahl:
Gemeinde Havixbeck:
Gemeinde Senden:

 

Rubrik: Sonstiges

Meldung von: Ute Niehoff, LFP Redaktion
Rubrik: Sonstiges

LWL vergibt Sonderpreis "Vorbild Inklusion" an landwirtschaftlichen Betrieb Bertelsbeck in Coesfeld

Betriebsleiterin Silke Witte (l.) ebnete Tobias Koddebusch den Weg zum landwirtschaftlichen Helfer. Foto: LWL/Busch

LWL vergibt Sonderpreis "Vorbild Inklusion" an landwirtschaftlichen Betrieb Bertelsbeck in Coesfeld

Coesfeld - Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) hat seinen Sonderpreis "Vorbild Inklusion" in an den landwirtschaftlichen Betrieb Bertelsbeck in Coesfeld vergeben, der seit Sommer 2017 einen jungen Mann mit Down-Syndrom beschäftigt. Der LWL zeichnet mit dieser Ehrung Betriebe aus Westfalen-Lippe aus, die sich ganz beson-ders für die Inklusion von Menschen mit Behinderung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt engagieren. Das Gewinner-Unternehmen wird außerdem mit 5.000 Euro belohnt.

Seit gut zwei Jahren kümmert sich Tobias Koddebusch zusammen mit zwei Kollegen um die rund 550 Tiere, die auf dem Hof der Bertelsbeck GbR im münsterländischen Coesfeld leben. Mit der Arbeitsstelle hat sich der größte Traum des jungen Mannes erfüllt, der das Down-Syndrom hat. Er wollte schon als kleiner Junge Landwirt werden, denn seine Eltern führen selbst einen landwirtschaftlichen Betrieb im 40 Kilometer entfernten Lüdinghausen. Dem 19-Jährigen sind die Arbeiten rund um Hof und Tiere also vertraut. Wegen seiner Behinderung war es für Tobias Koddebusch aber trotzdem nicht selbstverständlich, dass er seinen Traumberuf auch tatsächlich ergreifen konnte. Nachdem er die Hauptschule abgeschlossen hatte, stand er vor der Frage, ob er in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung arbeiten sollte oder ob er eine Stelle in einem Inklusionsbetrieb finden würde. "Ich bin dann hier gelandet", sagt er strahlend. "Und hier bin ich sehr glücklich."

Den Weg in diesen Beruf ebnete ihm zu einem großen Teil die Betriebsleiterin Silke Witte. Gemeinsam mit ihren Arbeitgebern Alois Homann und Bernhard Langehaneberg machte sie aus der Bertelsbeck GbR das inklusive Unternehmen, das sie heute ist - aus Überzeugung und Leidenschaft für das Konzept. "Mein Vater leitet in Münster auch einen inklusiven landwirtschaftlichen Betrieb, in dem ich sehr viele Erfahrungen sammeln konnte", erzählt die 33-Jährige. "Die tolle Stimmung dort hat mich total begeistert. Das wollte ich auch machen."

Als im Jahr 2016 ein Kollege in den Ruhestand ging, wurde eine Stelle frei. Die Betriebsleiterin nutzte die Gelegenheit und wandte sich an Mechthild Schickhoff, die Inklusionsberaterin der Landwirtschaftskammer NRW. Sie stellte den Kontakt zu Tobias Koddebusch her, der zunächst ein Jahrespraktikum im Betrieb machte. Heute ist er als landwirtschaftlicher Helfer fest bei der Bertelsbeck GbR angestellt.

An vier Tagen pro Woche hilft der junge Mann im Stall mit. Eine seiner Hauptaufgaben ist es, die Ferkel zu versorgen. Drei Tage nach der Geburt impft er die Tiere gegen verschiedene Krankheiten und setzt ihnen Ohrmarken. All das hat er in Coesfeld gelernt, denn auf dem Hof seiner Eltern werden keine Ferkel, sondern nur etwas ältere Jungsauen aufgezogen. "Am Anfang war das merkwürdig für mich, ich musste so viel Neues lernen und behalten", erinnert er sich. Witte und ihr Kollege Markus Schwaag begleiteten ihn während dieser Phase eng und unterstützen ihn auch heute noch bei seinen Aufgaben. "Ich muss damit umgehen können, dass manches einfach etwas länger dauert oder öfter wiederholt werden muss", sagt Witte. "Aber das geht gut. Für uns und unser Team ist die Zusammenarbeit eine Bereicherung, und wir haben dabei immer viel Spaß miteinander."

Koddebusch teilt den Ferkeln ihre Portionen zu und schaut sich nebenbei jedes Tier ganz genau an. Die Schweine könnten trotz der Impfungen krank werden. "Wenn ich bemerke, dass ein Tier Durchfall oder Husten hat, sage ich sofort den Kollegen Bescheid", erklärt der junge Mann. "Sie versorgen es dann, damit es ihm schnell besser geht." Nach dem Füttern fegt er die Gänge in den Ställen und mistet noch einmal aus. Dann tauscht er seine Arbeitskleidung gegen einen wasserfesten Overall und Ohrenschützer. Jetzt kommt seine Lieblingsaufgabe: den Stall waschen. Wie jeden Mittwoch säubert er mit dem Hochdruckreiniger die Boxen, die nach dem Verkauf einiger Jungschweine freigeworden sind.

Nach Feierabend holt Koddebusch sein E-Bike aus dem Büro. Eine Stunde benötigt er für den Heimweg. Insgesamt ist er jeden Tag zwei Stunden unterwegs: Morgens fährt er mit dem Rad vom Hof seiner Eltern zum Bahnhof in Lüdinghausen, dann mit der Bahn nach Coesfeld und seit kurzem von dort mit dem Fahrrad zu seinem Arbeitsplatz. Denn die Bertelsbeck GbR hat einen Teil des Preisgeldes direkt in ihren Mitarbeiter Koddebusch investiert: Der Betrieb hat für ihn ein Klapp-E-Bike als Dienstfahrrad angeschafft. Damit kann der junge Mann nun den gesamten Arbeitsweg selbständig zurücklegen. Für den letzten Teil der Strecke war er früher noch auf ein Taxi angewiesen, weil er zu weit war, um ihn jeden Tag mit einem normalen Fahrrad zu fahren.

Hintergrund
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) vergibt den LWL-Sonderpreis "Vorbild Inklusion". Damit will der LWL Arbeitgeber prämieren, die Menschen mit Behinderung außerhalb von Inklusionsbetrieben auf den ersten Arbeitsmarkt integrieren. Das kann gelingen,
- wenn Arbeitgeber neue Geschäftsfelder und Aufgabenbereiche eröffnen, bei denen sie die Auswirkungen einer Schwerbehinderung nutzen, indem zum Beispiel ein Mensch mit autistischer Behinderung Softwaretester wird
- oder ein Unternehmen sich besonders dafür engagiert, dass Menschen mit Behinderung den Übergang von der Förderschule oder der Werkstatt für Menschen mit Behinderung auf den ersten Arbeitsmarkt schaffen, indem es Praktikumsplätze zur Verfügung stellt
- oder indem ein Unternehmen sich besonders für die Inklusion engagiert, indem es einen Ausbilder oder Anleiter für behindertenspezifische Belange schult.