Rubrik: Kunst, Kultur & Musik

Meldung von: Ute Niehoff, LFP Redaktion
Rubrik: Kunst, Kultur & Musik

Amerikanische Kunst in Bewegung: Performance auf Rollschuhen

Im zweiten Raum der Ausstellung "Bauhaus und Amerika" sind Arbeiten von Robert Rauschenberg zu finden: seine erste Performance mit dem Titel "Pelican" (links), Aufnahmen von der Merce Cunningham Dance Company (Mitte) sowie der großformatige "Blueprint", der zusammen mit Susan Weil 1950 entstanden ist. Foto: LWL/Christoph Steinweg, © Robert Rauschenberg Foundation / VG Bild-Kunst, Bonn 2019.

Amerikanische Kunst in Bewegung: Performance auf Rollschuhen

Münster - Mit der aktuellen Ausstellung "Bauhaus und Amerika. Experimente in Licht und Bewegung" richtet das LWL-Museum für Kunst und Kultur in Münster den Blick auf Künstlerinnen und Künstler, die nach der Schließung des Bauhauses 1933 nach Amerika emigrierten und dort ihre Ideen weiterentwickelten. Gezeigt werden die Auswirkungen der Bauhausbühne als ein interdisziplinäres Laboratorium für Licht- und Bewegungsexperimente bis in die Gegenwart. Das Museum des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) stellt einzelne künstlerische Positionen oder besondere Themen der Sonderausstellung exemplarisch vor.

Xanti Schawinsky (1904-1979) war seit 1924 Schüler am Bauhaus und wurde 1928 Lehrer für Bühnenbilddesign. Er brachte die Konzepte der Bauhausbühne in die USA, als er 1936 von Josef Albers an das Black Mountain College nach North Carolina berufen wurde. Hier entwickelte er seine interdisziplinären Ansätze für das Theater weiter. Im Zentrum seiner "Stage Studies" stand ein offenes Arbeiten, das zu diesem Zeitpunkt revolutionär war. Die mit seinen Schülern entwickelte Performance "Play, Life, Illusion" gilt in seiner Verknüpfung von Kunst und Wissenschaft sowie von Musik, Tanz, Schauspiel, Malerei, Bühnenbild und Lichtgestaltung als eine frühe Vorwegnahme der prozesshaften Performancekunst. Auch wenn Schawinsky nur zwei Jahre am Black Mountain College unterrichtete, beeinflusste er dennoch die interdisziplinäre Öffnung der Schule und die improvisationsfreudige Atmosphäre maßgeblich. Hier entwarf John Cage 1952 in Zusammenarbeit mit David Tudor, Merce Cunningham und Robert Rauschenberg mit dem "Untitled Event" das erste Happening der Kunstgeschichte.

Robert Rauschenberg (1925-2008) wurde 1948 Student am Black Mountain College in North Carolina und studierte u. a. Malerei bei Josef Albers. Doch vielmehr beeinflusste ihn John Cage, der ebenfalls dort lehrte. Cage betrachtete die Kunst als ein "zweckloses Spiel" und als einen "Weg, dem Leben, das wir leben, Aufmerksamkeit zu schenken." Über John Cage lernte Rauschenberg 1951 den Tänzer und Choreographen Merce Cunningham kennen, für dessen Dance Company er zehn Jahre Kostüm- und Bühnendesigner war.
In der Ausstellung ist seine erste eigene Tanzperformance zu sehen, die unter dem Titel "Pelican" am 9. Mai 1963 auf der Rollschuhbahn "America on Wheels" in Washington, D.C. aufgeführt wurde. Für das Stück trug die Tänzerin Carolyn Brown (*1927) ein von Rauschenberg entworfenes Kostüm, während sie sich drehte und über die riesige Rollschuhbahn bewegte. Rauschenberg selbst sowie der finnische Künstler Per Olof Ultvedt waren ebenfalls Teil der Performance. Brown erinnert sich: "Fallschirme - aufgespannt mit Streben - wurden an ihren Rücken festgebunden. Wie riesige magische Insekten auf Beutezug schoben sie sich auf ihren Händen vorwärts. Als sie schließlich aufstanden und zu skaten begannen, füllte der Wind ihre seidenen Fallschirme und die Insekten verwandelten sich in mystische Mammutvögel, die durch den Raum kreisten und wirbelten." Die Performance wurde von einer musikalischen Collage aus Radioschnipseln, Schallplattenaufnahmen, Film- und Fernsehen-Elementen begleitet.

Indem er das "reale Leben" in Form von vorgefundenen Materialien und Alltagsgegenständen oder performativen Aktionen in seine Kunst einbezog, begründete Rauschenberg eine ästhetische Position, die viele Künstler beeinflusste: "Ich bin der Meinung, dass ein Kunstwerk wirklicher ist, wenn es aus Teilen der wirklichen Welt gemacht ist." Rauschenberg gilt als Vorreiter der amerikanischen Pop Art, sein vielschichtiges Werk ist allerdings mehr als nur einer Stilrichtung zuzuordnen. Ganz im Sinne der Bühnenexperimente des Bauhauses trieb er die Verbindung von Kunst, Technik und Leben weiter voran und verstand Kunst als prozessorientierte Produktion, die mit ihrer alltäglichen Umgebung interagiert.

Öffentliche Rundgänge - Erweitertes Angebot
Jeden Samstag und Sonntag finden um 13.30, 14, 14.45 und um 15.15 Uhr einstündige geführte Ausstellungsrundgänge statt. Am Wochenende ermöglichen außerdem 25-minütige Spotlight-Rundgänge einen thematischen Zugang zur Ausstellung: zur Bauhausbühne, Samstag, 16 Uhr, und Sonntag, 11 Uhr, zur Lichtkunst, Samstag, 16.30 Uhr, und Sonntag, 11.30 Uhr, oder zu Fotoexperimenten, Samstag, 17 Uhr, und Sonntag, 12 Uhr. Weitere öffentliche Angebote finden Sie unter http://www.bauhaus-amerika.de