Wetter Ruhrgebiet

 
Stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu, um die Wettervorhersage nutzen zu können.

Ruhrgebiet (NRW)

Fläche: 4.438,7 km² / Bevölkerung: 5.108.236
Webpräsenz:

Stadt Dortmund:
Stadt Essen:
Stadt Bochum:
Stadt Oberhausen:
Stadt Duisburg:
Stadt Gelsenkirchen:
Stadt Mülheim:

 

Rubrik: Senioren & Altenpflege

Meldung von: Ute Niehoff, LFP Redaktion
Rubrik: Senioren & Altenpflege

Pflege ganz ohne Zwang und Gewalt

Georg Dodegge als Vorsitzender der ÜAG (l.) und Lothar Buddinger als Leiter der ÜAG-Arbeitsgruppe Zwang (r.) begrüßen NRW-Justizminister Peter Biesenbach, der die Fachtagung "Freiheit und (oder) Sicherheit - ein Widerspruch? Gedanken und Aspekte zu freiheitserhaltenden und freiheitsentziehenden Maßnahmen im Pflege- und Betreuungsalltag" eröffnete. Foto: LWL/Fiedler

Pflege ganz ohne Zwang und Gewalt

Essen - Gewalt und Zwang in der Pflege - lange herrschte Schweigen über das bedrängende Thema. Was tun, wenn zum Beispiel eine demenzkranke Frau im Seniorenheim Nacht für Nacht ruhelos umherwandert und andere Bewohner in ihrem Schlaf stört? Bisher haben Fachkräfte des Seniorenheimes zur bisher einzigen Lösung gefunden und die alte Dame in ihrem Zimmer abends eingesperrt. Aber gibt es Alternativen zu solchen freiheitsentziehenden Zwangsmaßnamen in der Pflege?

Die Überörtliche Arbeitsgemeinschaft für das Betreuungswesen NRW (ÜAG NRW), deren Geschäftsstelle beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) angesiedelt ist, hat Anfang November in Essen auf einer multiprofessionell ausgerichteten Fachtagung von und mit insgesamt 200 Praktikern aus der Pflege, der Sozialwissenschaft, mit Ärzten, Juristen und Pflegewissenschaftlern versucht, Antworten zu finden und Lösungsmöglichkeiten zu dieser Frage zu erarbeiten.
In seinem Grußwort unterstrich Peter Biesenbach, Justizminister des Landes NRW, die Bedeutung des Themas "Gewalt und Zwang in der Pflege". Zwar sei in den letzten Jahren ein deutlicher Rückgang der freiheitsentziehenden Maßnahmen zu verzeichnen, dennoch bleibe es weiter eine große Herausforderung, die Würde des Menschen im Pflegealltag zu achten und Fixierungen zu vermeiden, so Biesenbach.

Die Tagung bot den Teilnehmern einen umfassenden Überblick über die unterschiedlichen Perspektiven des Themas. Neben juristischen Grundlagen wurden auch medizinische und ethische Aspekte in den Blick genommen und diskutiert. Dr. Volker Wippermann, Chefarzt der Abteilung Gerontoneuropsychiatrie der LWL-Klinik Hemer, hat beispielsweise über die Wirkung sowie die Risiken von Medikamenten insbesondere bei geriatrischen und gerontopsychiatrischen Patienten referiert.

Die zahlreichen Teilnehmer aus den Pflegeberufen konnten besonders von dem Vortrag des Krankenpflegers und Pflegewissenschaftlers Jörg Burbaum profitieren. Hier wurde deutlich, wie sich viele Fragen und Unsicherheiten im Pflegealltag ergeben, wenn über die Fixierung eines Menschen entschieden werden muss. Nicht selten sind Pflegepersonen in Heimen oder im ambulanten Bereich mit diesen Entscheidungen überfordert. Die Fachtagung gab Anregungen, um die Sorgen der Beteiligten ernst zu nehmen und wirkungsvolle Maßnahmen zum Erhalt der Freiheit aufzuzeigen.
Auffälliges Verhalten von Patienten genauer zu hinterfragen und sich mit der Biographie des Betroffenen zu befassen - das könnte eine humane Alternative zu freiheitsentziehenden Maßnahmen wie Fixierung oder Medikation sein, so der Ansatz auf der Tagung.

In dem Fall der demenzkranken Dame hat zum Beispiel ein Gespräch mit den Angehörigen ergeben, dass die Frau früher beruflich als Nachtschwester in einem Krankenhaus tätig gewesen war. Das konnte die Erklärung für ihr nächtliches Herumwandern sein. Die Lösung: Die Dame wird von einer Nachtschwester des Seniorenheimes auf ihrem nunmehr festen nächtlichen Rundgang begleitet und kann anschließend problemlos einschlafen - ganz ohne Einsatz von freiheitsentziehenden Maßnahmen.

Hintergrund:
Mit Einführung des Betreuungsrechtes im Jahr 1992 wurde auf Grundlage des Landesbetreuungsgesetzes NRW (LBtG NW) das Landesbetreuungsamt (LBA) beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) angesiedelt. Seitdem werden hier im Auftrag des Landes NRW folgende Auf-gaben in bzw. für Westfalen-Lippe wahrgenommen: Anerkennung von Betreuungsvereinen, jährliche Überprüfung der Anerkennungsvoraussetzungen, Förderung von anerkannten Betreuungsvereinen und seit 2013 auch die Geschäftsstellentätigkeit der Überörtlichen Arbeitsgemeinschaft für das Betreuungswesen in Nordrhein-Westfalen (ÜAG NRW).
Die Überörtliche Arbeitsgemeinschaft für das Betreuungswesen in Nordrhein-Westfalen (ÜAG) wurde 2012 in Düsseldorf gegründet. Seit dem 2016 ist sie in § 4 Abs. 2 Landesbetreuungsgesetz NRW gesetzlich verankert. Das interdisziplinär besetzte Gremium verfolgt mit den beteiligten Verbänden, Organisationen, Behörden und Gerichten das Ziel, das Betreuungswesen auf Landesebene weiterzuentwickeln und seine Qualität zu verbessern. Die Überörtliche Arbeitsgemeinschaft orientiert sich an den durch die UN-Behindertenrechtskonvention gestellten Anforderungen. Den Intentionen des Betreuungsrechts folgend, ist die Stärkung der ehrenamtlichen Betreuung in NRW ein weiteres Ziel ihrer Aktivitäten.

Nähere Informationen zur ÜAG NRW finden sich unter: http://www.ueag-nrw.org (dort wird in Kürze auch eine Tagungsdokumentation veröffentlicht).

Das könnte Sie auch interessieren: